Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen überlange Verfahrensdauer
Im Interesse der Rechtssicherheit sind strittige Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit zu klären. Wann von einer überlangen, die Rechtsgewährung verhindernden und damit unangemessenen Verfahrensdauer auszugehen ist, ist eine Frage der Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls. Dabei sind insbesondere die Bedeutung der Sache für die Parteien, die Ursachen und die Auswirkungen einer langen Verfahrensdauer für sie sowie die Schwierigkeit der Sachmaterie zu berücksichtigen.
In einem vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschiedenen Fall aus der Praxis stellte eine Krankenkasse in ihrem Bescheid fest, dass eine Mitgliedschaft des Beschwerdeführers bei ihr nicht bestehe. Daher sollte er die angefallenen Krankenhaus- und Pflegekosten in Höhe von ca. 86.000 € selbst tragen. Gegen den Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Juni 2006 Klage beim Sozialgericht. Im Mai 2010 wurde sie dann abgelehnt.
Das BVerfG hat mit Beschluss vom 24.8.2010 entschieden, dass die Statusfrage für den pflege- und sozialhilfebedürftigen Beschwerdeführer angesichts der gegen ihn gerichteten Forderungen des Krankenhausträgers von über 86.000 € von eminenter Bedeutung war. Das fast vier Jahre anhängige Verfahren war spätestens seit April 2007, als die Vorsitzende die Sache ins Terminfach verfügte, sitzungsreif. Die Schwierigkeit der Sachmaterie verlangte keine weiteren Ermittlungen außer einer Zeugenvernehmung, die in der mündlichen Verhandlung stattfand. Rechtfertigende Umstände für die erhebliche Verfahrensdauer, insbesondere den Beteiligten oder Dritten zuzurechnende Verfahrensverzögerungen, sind nicht erkennbar. Die hohe Verfahrensbelastung der Sozialgerichtsbarkeit erster Instanz stellt für sich genommen keinen Rechtfertigungsgrund dar. Der Staat kann sich nicht auf solche Umstände berufen, die in seinem Verantwortungsbereich liegen.