Die Corona Pandemie und ihre Folgen – Teil 6 EURICON Newsletter „Umsatzsteueränderungen im Überblick“
Sehr geehrte Damen und Herren,
der wichtigste Teil des Konjunkturpakets entfällt auf die bisher noch nie dagewesene zeitlich befristete Absenkung der Umsatzsteuersätze. Die für den Zeitraum 01.07.-31.12.2020 auf uns alle zukommenden organisatorischen Änderungen und Risiken sind nicht zu unterschätzen und wahrscheinlich von den handelnden Personen nicht in Gänze überlegt worden. Nach der zwischenzeitlich erfolgten gesetzlichen Verankerung der Änderung, wurde ein Umsetzungsschreiben des Bundesfinanzministeriums herausgegeben, welches im dritten Entwurf vorliegt.
Neben den heutigen Rahmeninformationen zum Thema, haben wir für die unterschiedlichen Mandantengruppen ein abgestuftes Informationsprogramm zusammengestellt, das hoffentlich bei allen Entscheidern und Verantwortlichen kurzfristig ankommt und verfügbar ist.
Wichtig ist, dass die Warenwirtschaftssysteme auf die Änderung eingestellt werden und auf der Rechnungseingangsseite eine Kontrolle der ausgewiesenen Vorsteuerbeträge und Steuersätze erfolgt. Unternehmen mit Bargeldgeschäften, die elektronische Registrierkassen im Einsatz haben, müssen diese entsprechend anpassen/umrüsten lassen, damit sie die Umsatzsteuersätze ab dem 1.7.2020 und dann ab dem 1.1.2021 zeitgerecht und richtig berechnen. Sie sollten sich daher schnellstens mit dem Kassenhersteller in Verbindung setzen, um dies zu gewährleisten!
Für die DATEV Systeme steht ab 01.07.2020 ein Update zur Verfügung. Die Systematik wurde hier so gelöst, dass Konten und Steuerschlüssel bei richtiger Bewirtschaftung des Systems beibehalten werden können.
Zu allen Änderungen haben wir die von uns verantworteten Buchhaltungsmandanten bereits in einer individuellen E-Mail informiert. Bitte sprechen Sie uns an, wenn Sie zusätzlichen Informationsbedarf haben.
Ferner verweisen wir auf unseren EURICON-Blog; diesen erreichen Sie unter:
https://euricon.de/blog/?s=Corona
Ihr EURICON Team
Befristete Absenkung des allgemeinen und ermäßigten Umsatzsteuersatzes
Die Umsatzsteuersätze sollen zur Stärkung der Binnennachfrage befristet vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 von 19 % auf 16 % und von 7 % auf 5 % gesenkt werden.
Die Änderung der Umsatzsteuersätze bedeutet für Unternehmen einen erheblichen bürokratischen Aufwand von der Rechnungsausstellung bis zur termingerechten Registrierkassenumstellung.
Grundsätze:
Der reduzierte Steuersatz von 16 % bzw. 5 % ist für Umsätze anzuwenden, die ab In-Kraft-Treten der Änderungsvorschrift - also nach dem 30.6.2020 – ausgeführt werden. Ab dem 1.1.2021 sind dann wieder die Steuersätze von 19 % bzw. 7 % anzuwenden (wenn der Gesetzgeber keine andere Regelung trifft). Ob sich der Endpreis durch die Absenkung der Umsatzsteuer ändert hängt neben der Geschäftspolitik auch von den vereinbarten vertraglichen Bedingungen und der Struktur der Angebotspreise ab. Fest steht, dass sich nicht in allen Fällen die Umsatzsteuersatzreduzierung auch auf die Endpreise auswirkt.
Für die Höhe des Steuersatzes ist der Zeitpunkt der Ausführung Lieferung oder Leistung entscheidend. Dieser hängt von der Art des Umsatzes ab:
- Lieferungen und innergemeinschaftliche Erwerbe
Diese gelten im Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht an den Erwerber als ausgeführt. Diese gelten im Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht an den Erwerber als ausgeführt.
Hinweis: Eine Lieferung ist ausgeführt, wenn ein Gegenstand vom Unternehmer auf den Abnehmer wechselt und der Abnehmer den Gegenstand zu seiner freien Verfügung verwenden kann (Verschaffung der Verfügungsmacht). Wird der Gegenstand befördert oder versendet, gilt die Lieferung mit dem Beginn der Beförderung oder Versendung als ausgeführt.
Abweichend davon entsteht bei innergemeinschaftlichen Erwerben die Umsatzsteuer nicht mit der Lieferung, sondern mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des auf den Zeitpunkt des Erwerbs folgenden Monat. - Werklieferungen
Für diese vertragliche Sonderform bestimmt der Zeitpunkt der Abnahme durch den Erwerber den Ausführungszeitpunkt. - Dienstleistungen (z. B. Beförderungen, Beratungen, Reparaturen)
Hier bestimmt das Leistungsende über den Leistungszeitpunkt.
Eine sonstige Leistung ist ausgeführt, wenn sie vollendet oder beendet ist. Dies gilt auch für Werkleistungen. - Unentgeltliche Lieferungen/sonstige Leistungen (Sachbezüge, Eigenverbräuche, Sachspenden)
Die unentgeltliche Verwendung für unternehmensfremde Zwecke wird zu dem Zeitpunkt ausgeführt, wann die fiktive Leistung erfolgt
Bitte beachten Sie die folgenden Sonderregelungen:
- Anzahlungen
Werden vor dem Steuersatzwechsel Voraus- oder Abschlagsrechnungen mit dem alten Steuersatz ausgestellt und die Anzahlung vereinnahmt, während die entsprechenden Leistungen aber erst nach dem Steuersatzwechsel erbracht werden, ist die Differenz zwischen altem und neuem Steuersatz bei Leistungsausführung nachträglich zu korrigieren. Die Korrektur ist in dem Voranmeldungszeitraum vorzunehmen, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt wird. - Abrechnung von Teilleistungen
Werden statt einer Gesamtleistung Teilleistungen erbracht, kommt es darauf an, wann die einzelnen Teilleistungen ausgeführt werden. Teilleistungen sind wirtschaftlich abgrenzbare Teile einheitlicher Leistungen, für die das Entgelt gesondert vereinbart wird. Sie werden anstelle der Gesamtleistung geschuldet und gelten daher mit ihrer Erfüllung als ausgeführt.
Voraussetzung für das Vorliegen einer Teilleistung ist, dass für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird. Die USt entsteht mit Ablauf des jeweiligen Monats.
Hinweis: Werklieferungen oder Teile einer Werklieferung sind ausgeführt, wenn das fertig gestellte (Teil-)Werk vom Erwerber abgenommen wurde. Das bedeutet, dass der 16%ige Steuersatz nur angewendet werden kann, solange das (Teil-)Werk vor dem 1.1.2021 tatsächlich abgenommen wird.
Wird das (Teil-)Werk nach dem 31.12.2020 abgenommen, gilt der 19%ige Steuersatz - Dauerleistungen (Wartungsverträge, Mietverträge..)
Bei Dauerleistungen kann es sich sowohl um sonstige Leistungen wie z. B. Vermietungen oder die laufende Finanz- und Lohnbuchführung als auch um die Gesamtheit mehrerer Lieferungen handeln, z. B. von Baumaterial. Für Dauerleistungen werden unterschiedliche Zeiträume oder auch keine zeitliche Begrenzung vereinbart. Bei zeitlich begrenzten Dauerleistungen ist die Leistung mit Beendigung des Vertragsverhältnisses ausgeführt.
Insbesondere Wartungs- und Nutzungsverträge deren Leistungszeiträume zwischen dem 01.07. und dem 31.12.2020 enden, müssen entsprechen mit 16% abgerechnet werden. Soweit zu Beginn des Leistungszeitraums eine Vorausrechnung mit den bisherigen Steuersätzen gestellt wurde und der Leistungszeitraum vor dem 31.12.2020 endet, ist eine Schlussrechnung mit dem neuen Steuersatz zu erstellen und für den gesamten Zeitraum 16% anzuwenden.
Wichtig ist, dass Mietverträge in der Regel als Leistungszeitraum den Monat vorsehen; mithin für die Miete ab Juli eine neue Dauervorausrechnung für den Zeitraum Juli bis Dezember zu erstellen ist. In diesem Zusammenhang sollte auch gleich die neue Vorausrechnung ab Januar 2021 erstellt werden.
Achtung: Auch die Zahlung einer Leasingsonderzahlung stellt eine zeitraumbezogene Leistung dar, die für den Zeitraum der Absenkung des Steuersatzes zu einer Umsatzsteuerkorrektur führt. - Gutscheine
Soweit bisher Einzweckgutscheine ausgestellt wurden, handelt es sich spätestens bei einer Ausgabe ab dem 01.7.2020 um Mehrzweckgutscheine. Zur Frage der Abgrenzung zwischen den Gutscheintypen und den sich daraus ergebenden Folgen bitten wir sich dringend zu informieren. - Ist-Versteuerung
Auch für die Steuerpflichtigen, die Ihre Umsätze erst zum Zeitpunkt der Zahlung durch den Kunden anmelden, gelten die genannten allgemeinen und besonderen Grundsätze entsprechend. - Jahresboni, Rückvergütungen und dergleichen
Grundsätzlich sind die Gutschriften den entsprechenden Lieferungs- oder Leistungszeiträumen zuzurechnen; mithin die Umsätze des ersten Halbjahres mit 19% und die des zweiten Halbjahres mit 16% zu erteilen. Interessanterweise wird es von der Finanzverwaltung aber auch nicht beanstandet, wenn die gesamte Gutschrift mit 19% erteilt wird oder alternativ einfach zeitanteilig aufgeteilt wird.
Exkurs: Gastronomie:
Besondere Regelungen gelten auch für die Gastronomie. Für sie wurde der Umsatzsteuersatz für Speisen ab dem 1.7.2020 von 19 % auf 7 % abgesenkt. Die Reduzierung legte der Gesetzgeber für ein Jahr - also bis zum 30.6.2021- fest. Nachdem die allgemeine Absenkung des Umsatz-steuersatzes von 7 % auf 5 % erfolgt, wird der Prozentsatz von 5 % auch für Gastronomen bis 31.12.2020 gelten.
Ab dem 1.1.2021 bis zum 30.6.2021 kommt dann für Speisen der reduzierte Steuersatz von 7 % zum Tragen. Ab dem 1.7.2021 steigt der Umsatzsteuersatz wieder auf den Regelsatz von 19 %, wenn der Gesetzgeber keine andere Regelung trifft.
Hier die Übersicht der unterschiedlichen Steuersätze für die diversen Zeiträume:
Vorsteuerabzug bei Eingangsrechnungen
Wird in einer Rechnung die Steuer mit 19 % bzw. 7 % ausgewiesen, obwohl die Leistung dem abgesenkten Steuersatz von 16 % bzw. 5 % unterliegt, schuldet der Unternehmer die zu Unrecht überhöht ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG. Dies hat auch Auswirkungen für den Vorsteuerabzug, denn dieser darf nur in Höhe der gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuer in Abzug gebracht werden.
Zusammenfassung:
Wann die vertraglichen Vereinbarungen abgeschlossen oder die Rechnungen erteilt werden bzw. die Vereinnahmung des Entgelts erfolgt, ist für die Frage, welcher Steuersatz - 19 % oder 16 % bzw. 7 % oder 5 % – anzuwenden ist, ohne Bedeutung. Für die Frage der Anwendung des Steuersatzes kommt es grundsätzlich auf den oben dargestellten Lieferungs-, Leistungsabnahme- oder Vertragsendezeitpunkt an.
AK/29.06.2020